Ein Fremdkörper
Wie ein Fremdkörper in Annes Erzählungen-Heft wirkt Der Pfuhl des Verderbens. Es handelt sich nicht um eine Erzählung, sondern um - wie Anne es selbst formuliert - „eine Antwort auf eine Kritik“. Anne fühlt sich dazu berufen, sich zu einer Filmkritik in ihrer Lieblingszeitschrift Cinema & Theater zu äußern. Jede Woche bringt ihr der Helfer Victor Kugler die neueste Ausgabe ins Hinterhaus. In dieser Filmbesprechung beschwert sich der Autor über Nacktszenen in einem Bildhaueratelier. Anne empfindet das als ziemlich übertrieben und plädiert für einen unbefangeneren Umgang mit Nacktheit, „ein bisschen freier, ein bisschen normaler, dann wäre alles viel ungezwungener“. Anne als „Blumenkind“ avant la lettre.
Die Fee
Im Februar und März 1944 überwiegen die erfundenen Geschichten. So spielen ein Blumenmädchen, ein Schutzengel, ein weiser Zwerg und ein Teddybär die Hauptrolle in Annes Märchen. Die letzte Geschichte, die Anne schreibt, handelt von einer Fee. Sie überträgt sie nur teilweise am 12. Mai 1944 in ihr Erzählungen-Heft und nimmt sie auch nicht ins Inhaltsverzeichnis auf. Aus ihrem Tagebuch geht hervor, dass Anne bereits am 6. Mai 1944 mit Die Fee beschäftigt war. „Ich will versuchen, die Geschichte von der Fee, Ellen, fertig zu machen. Zum Spaß kann ich das Vater zum Geburtstag schenken, mit allen Urheberrechten dazu.“ Am Dienstag, dem 9. Mai, ist die Geschichte fertig. „Ich habe sie auf schönes Briefpapier abgeschrieben, mit roter Tinte verziert und aneinandergenäht. Das Ganze sieht wohl hübsch aus, aber ob es nicht etwas wenig ist, weiß ich nicht.“ Die Fassung, die Anne ihrem Vater geschenkt hat, ist verschollen, erhalten blieb aber eine Fassung auf losen Blättern sowie ein Fragment. Aus dem Tagebuch geht nicht hervor, wie Annes Vater die Geschichte gefallen hat. Bemerkenswert ist, dass Anne über Urheberrechte Bescheid weiß und sich Gedanken über Autorenschaft macht.